Morannon

Unbekannt - Diener
Im Westen von Mordor erstreckte sich die düstere Kette des Ephel Dúath, des Schattengebirges, und im Norden, erhoben sich die zerklüfteten Spitzen und kahlen Grate des Ered Lithui, grau wie Asche. Doch dort, wo sich diese Ketten einander näherten, die in Wirklichkeit nur Teile eines einzigen großen Walles um die düsteren Ebenen Lithlad und Gorgoroth und das rauhe Binnenmeer Núrnen waren, reckten sie lange Arme nach Norden; und zwischen diesen Armen lag ein tiefer Einschnitt. Das war Cirith Gorgor, der Geisterpaß, der Eingang zum Lande des Feindes. Hohe Felswände fielen auf beiden Seiten zu dem Paß ab, von dem aus zwei steile Berge vorstießen, beinschwarz und kahl. Auf ihnen standen die Zähne von Mordor, zwei starke und hohe Türme. In längst vergangenen Tagen waren sie von den Menschen von Gondor erbaut worden in ihrem Stolz und ihrer Macht nach Saurons Niederwerfung und Flucht, damit er nicht versuchen sollte, in sein altes Reich zurückzukehren. Doch Gondors Stärke schwand, und die Menschen waren untätig, und lange Jahre standen die Türme leer. Dann kehrte Sauron zurück. Nun wurden die Wachtürme, die verfallen waren, ausgebessert und mit Waffen bestückt und mit unaufhörlicher Wachsamkeit bemannt. Steinverkleidet waren sie, mit dunklen Fensterhöhlen, die nach Norden und Osten und Westen gingen, und aus jedem Fenster starrten schlaflose Augen.
Quer über den Paß, von Felswand zu Felswand, hatte der Dunkle Herrscher einen steinernen Schutzwall gebaut. In ihm gab es ein einziges eisernes Tor; und auf seinen Zinnen schritten Posten unaufhörlich auf und ab. Unter den Bergen waren Hunderte von Höhlen und Madenlöchern in den Fels gebohrt; dort lauerte ein Heer von Orks, um auf ein Zeichen hin herauszustürzen wie schwarze Armeisen, die in den Krieg ziehen. Niemand konnte an den Zähnen von Mordor vorbei, ohne ihren Biß zu spüren, es sei denn, Sauron habe ihn zu sich bestellt, oder er wisse die geheime Losung, die ihm Morannon, das schwarze Tor dieses Landes, öffnet.
(Quelle: "Der Herr der Ringe", II, S. 279)
So ist es überliefert und so steht es geschrieben. Dennoch sind die Tage nicht gleich und die Ereignisse übersteigen die üblichen Vorstellungen, welche die Menschen der freien Völker haben könnten. Diese Torfestung ist unfertig von den Gondorer errichtet und von den Orks, Trollen und anderen Wesen vervollständigt worden. Lange dauerte sein Ausbau, doch sind die Mühen erkennbar, denn seit der Errichtung und Bemannung ist kein Lebewesen unbemerkt in Mordor eingekehrt. So weit zumindest es von nördlicher Seite aus versucht wurde. Zugegeben, es gab wenige, die es bis in die Festung schafften, doch weiter ganz sicher nicht. Jene, die so weit kamen, wurden nicht gleich getötet. Sie wurden gefangen genommen und erst nach Sendung eines Boten an den Herrn des Tores, befand dieser über das Schicksal.
Einen solchen Vorfall habe ich selber miterlebt. Selber befand ich mich schon längere Zeit im madigen Verließ dieser Torfestung und hörte, wie jemand die Stufen von oben herab kam. Im Grunde keine Ungewöhnlichkeit, doch es kommt selten jemand mit dem Kopf voran die Stufen hinunter gepurzelt. Es war, so glaube ich, Ongbúrz ... Eine Orkzüchtung in vierzigster Generation oder so. Also nichts Bemerkenswertes, wenn man dies im Hinterkopf hat. Diese mehrfach in sich gekreuzten Bastarde verlieren nicht selten untereinander die Beherschung und fallen dann gegenseitig über einander her. Doch dieses mal kam es anders. Erst war es ein Ork, dann kam der nächste. In diesem Moment war es wohl klar, dass da noch ein dritter war. Wie überrascht ich war, als da ein Mensch vor mir stand, brauche ich wohl nicht zu betonen. Nun, er hatte mich wohl nicht bemerkt und wollte wohl auch nicht in diesen Bereich - wenn er überhaupt hier irgendwo hin wollte. Nun, er lief dann zurück und einem Trupp Orks in die Arme. Die Sache war sehr blutig, denn vier der Orks waren schnell tot und bevor der fünfte begriff, was los war, war dieser ohne einen Arm. Am Ende war es auch sein Ende. Der Troll, den die fünf an der Leine hielten, fand das alles weniger Berauschend und schlug den Kerl mit einem Schlag zu Boden. Es war einer dieser Trollschläge, die von ihm nur eine menge Blut und eine undefinierbare Fleischmasse übrig ließ.
Woher er kam, was er wollte und wie er hier hinein gelangte, konnte nicht mehr in Erfahrung gebracht werden. Auf diesen Vorfall wurden die Wachen alle ersetzt. Natürlich nicht ohne vorher für Belustigung zu sorgen. Das einzig Gute daran war wohl, dass die Wachsamkeit der folgende Wachgruppe um ein Mehrfaches erhöht war. Keiner wollte in die Gruben geworfen werden, woraus die Unholde sich ihr Essen picken. Aber wer sagt denn auch, dass dies ein netter Ort ist ...
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